Zu gute Noten an deutschen Hochschulen?

Zu gute Noten an deutschen Hochschulen?
Wie erfrischend ist es doch nach der harten Arbeit für eine gute Abi-Note endlich im Studium angekommen zu sein und mit guten und meist sogar sehr guten Noten belohnt zu werden.

Ganz klar läuft es hier anders, denn schließlich studiert man nun das Fach, das einem am meisten liegt. Kein Wunder also, dass die Benotung von Hausarbeiten und Prüfungen entsprechend positiv ausfällt.

Doch ist diese Erklärung für das Gros an guten Noten an deutschen Hochschulen wirklich ausreichend?

Fakt ist, dass die Abschlussprüfungen deutschlandweit von Jahr zu Jahr positiver ausfallen. Laut einer Studie des Wissenschaftsrats, welcher die Bundesregierung sowie die einzelnen Landesregierungen in hochschulrelevanten Fragen berät, ist der Anteil der mit „gut“ oder „sehr gut“ bewerteten Abschlussprüfungen zwischen 2000 und 2011 um fast 9 Prozent gestiegen.

2011 schlossen damit also fast 80% der Studenten ihr Studium mit einer 2 oder einer 1 vor dem Komma ab.

Doch auch die Anzahl schlechter Abschlussnoten sank innerhalb dieser elf Jahre von 4 auf 1,1 Prozentpunkte.

Wie kommt es, dass die Breite der Notenskala an Universitäten und Fachhochschulen kaum noch ausgeschöpft wird?

Zum einen versuchen die Hochschulen ihren eigenen Studenten durch die Vergabe guter Noten einen positiven Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Gerade in geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern, mit denen man eher maue Aussichten auf dem Arbeitsmarkt hat, werden besonders häufig gute Noten vergeben.

Hinzu kommt, dass gerade Hochschulen, die hohe Studiengebühren verlangen, es tunlichst vermeiden wollen, die Studierenden durch die Vergabe schlechter Noten zu vergraulen.

Als Hauptgrund für die Noteninflation kann jedoch der Zeitaufwand angesehen werden, der mit schlechten Zensuren einhergeht. Der Fokus der Dozenten liegt vornehmlich im Bereich der Forschung. Und diese benötigt Zeit, viel Zeit. Da ist es verständlicherweise besonders störend, wenn eben diese durch Endlos-Diskussionen um die Note 3 in Sprechstunden flöten geht. Obendrein ist es fraglich, ob ein Dozent Luftsprünge machen wird, wenn ein Student die vergeigte Hausarbeit noch einmal schreiben will.

Doch es steckt noch mehr dahinter: Erklärt sich ein Dozent oder Professor bereit als Betreuer für die Abschlussarbeit zu fungieren, so obliegt ihm automatisch eine Mitverantwortung für das Endergebnis. Schließlich ist er es, der während des Prozesses Hinweise gibt und Kritik übt. Somit trägt er einen nicht unwesentlichen Anteil am finalen Produkt. Mit einer schlechten Bewertung würde der Dozent seine Beratung dementsprechend infrage stellen.

Natürlich sollte sich jeder Student weiterhin über gute Prüfungsnoten oder sehr gute Hausarbeitsbewertungen freuen, doch irgendwie trübt es die Freude, wenn ein „gut“ oder „sehr gut“ gar nichts Außergewöhnliches mehr ist. Um in der Masse nicht unterzugehen, sollte man sich tunlichst darum bemühen seinen Lebenslauf durch außeruniversitäres Engagement oder nützlichen Auslandserfahrungen aufzupeppen. Nur so ist es möglich Personalern im Bewerbungsprozess aufzufallen. Eine gute Abschlussnote allein scheint in Zukunft nicht mehr auszureichen.

Autor: Janine Paulig
Bildquelle: Vielen Dank an Pixaline für das Bild (© pixaline / pixabay.com).
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